Monatsüberblick Mai 2022
von Andreas Kammerer
Mond
Totale Mondfinsternis am 16. Mai
In den frühen Morgenstunden des 16. Mai kann eine Totale Mondfinsternis beobachtet werden. Allerdings unter erschwerten Bedingungen. Um 3:31 MESZ tritt der Mond in den Halbschatten ein, was aber unbeobachtbar bleibt. Erst wenn der Halbschatten mehr als die Hälfte der Mondscheibe bedeckt kann eine leicht graue Tönung festgestellt werden. Dies wird erst nach 4:00 MESZ der Fall sein, wenn die Dämmerung bereits begonnen hat. Ab diesem Zeitpunkt kann bei genauem Hinsehen erkannt werden, dass die linke (östliche Hälfte) leicht grauer erscheint. Um 4:28 MESZ tritt der Mond in den Kernschatten. Er steht zu diesem Zeitpunkt in einer Höhe von 9° über dem südwestlichen Horizont, wobei sich die Sonne nur noch 11° unterhalb des Nordosthorizonts befindet. In der folgenden Stunde bedeckt der Erdschatten immer größere Teile der Mondscheibe, und die rötliche Farbe des Kernschattens wird erkennbar. Allerdings sinkt der Mond immer tiefer und der Himmel wird immer heller. Die Abbildung gibt die Situation gegen 5:00 MESZ wieder. Um 5:29 MESZ beginnt die Totalität. Zu diesem Zeitpunkt steht der Mond weniger als 2° über dem Horizont und der Himmel ist bereits sehr hell, so dass es schwierig sein dürfte, den total verfinsterten Mond überhaupt noch ausmachen zu können. Um 5:45 MESZ geht der Mond unter und die Sonne gleichzeitig auf.Planeten und Kleinplaneten
Merkur
kann in der ersten Maidekade noch am Abendhimmel beobachtet werden, wird aber rasch zu einem schwierigen Objekt. Der über dem WNW-Horizont stehende flinke Planet ist am 1. Mai noch 0.6m hell, am 9. Mai nur noch 2.2m. Danach dürfte er nicht mehr auffindbar sein. Die beste Beobachtungszeit ergibt sich zum Monatsanfang gegen 21:15 MESZ, am 9. Mai gegen 21:45 MESZ. Am 1. Mai findet man Merkur etwa 2° links der Plejaden, die aber nur noch im Fernglas erkennbar sind. Am 2. Mai steht die schmale Mondsichel nur 2.5° links von Merkur. Am 11. Mai wird Merkur rückläufig und eilt – stetig schwächer werdend – der Sonne entgegen, die er am 21. Mai in unterer Konjunktion passiert. Im Teleskop gelingt es vielleicht, die Sichelgestalt auszumachen. Am 1. Mai ist das 8.5“ große Scheibchen zu 30% beleuchtet, am 9. Mai das 10.5“ große Scheibchen zu 12%.
Venus
erreicht zu Monatsbeginn die tiefste Stellung über dem östlichen Horizont, sofern ihre Stellung jeweils zur gleichen Dämmerungsphase betrachtet wird. Bis zum Monatsende hat sie wieder etwas an Horizonthöhe gewonnen. Sie bewegt sich durch das Sternbild Fische, wobei sie kurz in das Sternbild Walfisch eindringt und am letzten Tag des Monats das Sternbild Widder erreicht. Ihre Aufgänge verlagern sich von 4:45 MESZ auf 4:00 MESZ, ihre Helligkeit geht dabei leicht von –4.1m auf –4.0m zurück. Am Morgen des 1. Mai findet man nur 0.3° oberhalb der Venus den Planeten Jupiter. Diese schöne Konjunktion kann ab 5:15 MESZ tief über dem östlichen Horizont gesichtet werden. Am 27. Mai steht die schmale Mondsichel nur 1° unterhalb der Venus, was gegen 4:45 MESZ beobachtet werden kann. Im Teleskop kann das stetig kleiner und voller werdende Planetenscheibchen betrachtet werden. Dieses schrumpft von 16.7“ auf 13.8“, wobei der Beleuchtungsgrad von 68% auf 78% anwächst.
Mars
gewinnt diesen Monat etwas an Horizonthöhe. Da seine Helligkeit gleichzeitig von 0.9m auf 0.7m ansteigt, wird er zu einem auffälligeren Objekt. Er bewegt sich zunächst durch das Sternbild Wassermann und wechselt am 19. Mai ins Sternbild Fische. Seine Aufgänge verfrühen sich von 4:30 MESZ auf 3:15 MESZ. Mars nähert sich Jupiter, den er am 29. Mai in 0.6° südlichem Abstand passiert. Zuvor können sich Spezialisten an der Passage des schwachen Neptuns versuchen. Diesen passiert Mars am 18. Mai in 0.6° südlichem Abstand, was eventuell in einem Teleskop ausgemacht werden kann. Am 25. Mai findet man die Mondsichel 4° unterhalb des Roten Planeten (und gleichzeitig unterhalb Jupiters). Im Teleskop können auf dem nur 6“ großen Scheibchen noch keine Details ausgemacht werden.
Jupiter
wird im Mai zu einem auffälligen Morgenhimmelobjekt. Der –2.2m helle Planet geht zu Monatsbeginn um 5:00 MESZ, am Monatsende um 3:15 MESZ auf. Er wandert rechtläufig durch das Sternbild Fische und überschreitet am 25. Mai den Himmelsäquator. Am Morgen des 25. Mai findet man die Mondsichel 4° unterhalb von Jupiter (und von Mars) und am 29. Mai passiert Mars den Gasplaneten in 0.6° südlichem Abstand. Teleskopische Beobachtungen auf dem 37“ großen Scheibchen dürften sich aufgrund der geringen Horizonthöhe noch nicht lohnen.
Saturn
wird zu einem auffälligen Objekt am Morgenhimmel. Die Saturnaufgänge verlagern sich von 3:45 MESZ auf 2:00 MESZ. Die rechtläufige Bewegung des im östlichen Teil des Sternbilds Steinbock positionierten Ringplaneten wird im Monatsverlauf immer langsamer, was schön an delta Cap verfolgt werden kann. Die Saturnhelligkeit steigt auf 0.7m leicht an. Am 22. Mai findet man den Halbmond 5° rechts unterhalb des Ringplaneten. Teleskopische Beobachtungen könnten sich bereits lohnen. Das Saturnscheibchen weist einen scheinbaren Durchmesser von 17“ auf, der nur noch um 12° zur Erde geneigte Ring von 38x8“.
Uranus
wird am 5. Mai von der Sonne eingeholt und steht damit unbeobachtbar am Taghimmel.
Neptun
kann im Mai nicht beobachtet werden. Er steht der Sonne noch relativ nahe, und die flach zum Horizont liegenden Ekliptik verhindert, dass er zu Dämmerungsbeginn geeignete Horizonthöhen erreicht.
(4) Vesta
kann bereits beobachtet werden, obwohl sie ihre Opposition erst Ende August erreicht. Der Kleinplanet Nr. 4 ist zu Monatsbeginn 7.6m, am Monatsende 7.2m hell. Er bewegt sich rechtläufig vom östlichen Teil des Sternbilds Steinbock in das Sternbild Wassermann. Dabei passiert der Kleinplanet am 7. Mai Saturn in nur 0.7° südlichem Abstand.
Der Sternenhimmel
Zur Standardbeobachtungszeit (24:00 MESZ am Monatsanfang, 23:00 MESZ zur Monatsmitte und 22:00 MESZ am Monatsende) steht der Große Wagen über unseren Köpfen im Zenit. Er ist der auffälligste Teil des größeren Sternbilds Großer Bär. Unterhalb der Wagendeichsel leuchtet das nur aus zwei Sternen bestehende Sternbild Jagdhunde. In der fünffachen Verlängerung der vorderen Wagensterne stoßen wir auf den Polarstern, der stets genau im Norden steht. Er ist der hellste Stern des Sternbilds Kleiner Bär, das außer dem Polarstern noch zwei hellere Sterne aufweist, die nun fast ihre höchste Stellung erreicht haben. Der Gegenpart des Großen Bären, das Sternbild Kassiopeia oder Himmels-W, steht nun tief über dem Nordhorizont.
Westlich der Kassiopeia hat das Sternbild Kepheus mit seinem Aufstieg begonnen. Das kleine und schwache Sternbild Eidechse unterhalb des Kepheus ist noch kein Beobachtungsobjekt, das Sternbild Giraffe keines mehr. Zwischen Großem und Kleinem Bär windet sich das Sternbild Drache, dessen auffälliger Kopf in bequemer Höhe zu finden ist.
Im Nordwesten gehen gerade die Sternbilder Perseus und Fuhrmann unter, im Westen die Sternbilder Zwillinge und Kleiner Hund. Lediglich deren helle Sterne Capella, Castor und Pollux sowie Procyon fallen noch ins Auge. Während die schwachen Sternbilder Luchs und Kleiner Löwe noch in bequemer Höhe stehen und somit identifiziert werden können, ist der Krebs für sinnvolle Beobachtungen bereits zu weit herabgesunken.
Die Wasserschlange ist nun ganz aufgegangen. Ihren Kopf finden wir halbhoch im Südwesten, während der Schwanz im Südsüdosten steht. Das auffällige Sternbild Löwe mit dem hellen Regulus ist in den Südwesten gewandert, befindet sich aber noch in bequemer Höhe. Deutlich tiefer positioniert sind das schwache Sternbild Becher und das auffälligere Sternbild Rabe.
Tief im Süden kulminieren die nördlichsten Sterne des Zentauren, welches ein originäres Sternbild des Südhimmels ist. Oberhalb der Sterne der Wasserschlange kulminiert das Sternbild Jungfrau mit der bläulichen Spica, und darüber das schwache Sternbild Haar der Berenice, in welchem der Sternhaufen Melotte 111 mit dem Fernglas gesichtet werden kann.
Nordöstlich der Jungfrau steht das Sternbild Bärenhüter mit dem orangefarbenen Arktur. Regulus, Spica und Arktur bilden das Frühlingsdreieck. Über dem Südosthorizont ist eben das Sternbild Skorpion aufgetaucht und westlich davon kann das wenig auffällige Sternbild Waage ausgemacht werden. Ebenfalls über dem Südosthorizont erhebt sich die riesige Gestalt des Sternbilds Schlangenträger. Vom Sternbild Schlange ist erst der westliche Teil aufgegangen.
Oberhalb des Schlangenträgers finden wir im Osten das ausgedehnte Sternbild Herkules und zwischen diesem und dem Bärenhüter das markante Sternbild Nördliche Krone. Das kleine Sternbild Leier mit der hellen Wega steht im Nordosten, gefolgt vom gerade aufgegangenen Sternbild Schwan mit Deneb als Hauptstern. Das schwache Sternbild Füchschen steht für eine sinnvolle Identifikation noch zu tief.
Im Mai ist die Milchstraße selbst unter einem dunkleren Himmel kaum auszumachen, da sie sich sehr horizontnah vom West- über dem Nord- zum Osthorizont zieht. Ihr Verlauf wird durch die aktuell tief stehenden Sternbilder Zwillinge (Westteil), Fuhrmann, Perseus, Kassiopeia, Kepheus, Schwan, Adler und Schlangenträger definiert.